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.Nach Henrys Tod hatte ich auch niemandem erzählt, dass ich hoffte, schwanger zu sein, aber nur, weil ich diese Hoffnung mit niemandem teilen wollte.Aber für einen so jungen Menschen war eine solche Last viel zu groß.Sie hatte es schon auf der Hochzeit gewusst, in der Boutique, während unseres Parisaufenthalts und als unser Auto geknackt wurde.Ich fühlte mit ihr und fing auch an zu weinen.So standen wir da, bis es dunkel wurde, und hörten das Zwitschern der Schwalben inmitten der lärmenden Zikaden.Charlottes Atem ging jetzt wieder regelmäßig.Wir setzten uns aufs Bett.»Ich bin mit hierhergekommen, damit ich es meinen Eltern nicht erzählen muss«, gestand sie, zog ein Papiertaschentuch aus der Schachtel auf ihrem Nachttisch und putzte sich die Nase.»Sie würden wollen, dass ich alle Optionen in Betracht ziehe.Ich wollte die ersten drei Monate hinter mir haben.«»Warum?«Sie antwortete nicht.»Damit du es behalten kannst?«Sie nickte.»Sie hätten dich bei jeder deiner Entscheidungen unterstützt«, sagte ich.Sie schüttelte den Kopf.»Nee«, sagte sie.»Sie würden ausflippen.Aber das ist gar nicht der Grund.An ihnen liegt es nicht.Ich wusste, wenn ich dort bliebe, würde ich abtreiben.Das neue Schuljahr steht vor der Tür, und, tja, an meiner Schule wäre so etwas schlimmer als der Tod.Schließlich bin ich privilegiert.« Sie schien von dem Wort regelrecht angewidert.»Schwanger werden ist, als würde man auf seine Privilegien scheißen.«»Charlotte, so etwas passiert eben.Glaubst du, schwanger zu werden macht dich zu einem undankbaren Menschen?«Sie lachte.»Schwanger zu werden macht mich zum Volldeppen.Die Leute aus meinem Freundeskreis kriegen schon wegen der Vorentscheidungen für Harvard einen Zusammenbruch.«»Im wievielten Monat bist du denn?«»Achte Woche, im Ärztejargon.«»Und wie fühlst du dich?«»Ein wenig müde, aber seltsamerweise ist es, als stünde ich unter Beruhigungsmitteln oder so.Keine morgendliche Übelkeit, und ich bin überhaupt nicht zickig.Es ist völlig paradox, aber die Schwangerschaft bekommt mir.Ich meine, ich war nie besonders mütterlich.Ich habe meinen Puppen grässliche Frisuren verpasst, aber ich will das Baby und es richtig machen.«»Du bist dir so … sicher«, wunderte ich mich.»Es ist seltsam.Aber seit ich hier bin, ist es mir sonnenklar.«»Wirklich?«»Wirklich.«»Und Briskowitz? Glaubst du, er gibt einen guten Vater ab?«»Briskowitz gibt einen guten Briskowitz ab.Ehrlich gesagt, er wird ein mieser Philosophiestudent.Er kann zwar gut reden, aber er ist viel zu zerstreut.Und als Vater?« Sie dachte darüber nach.»Wenigstens hat er zu Hause ein gutes Vorbild.Bert Briskowitz.Ein Orthopäde mit guten Manieren, der Brisky nicht zum Golfspielen zwingt.Was kann man in der heutigen zersplitterten Gesellschaft mehr verlangen?«»Man kann sehr viel mehr verlangen«, widersprach ich.Sie sah mich skeptisch an und senkte den Blick auf ihre Hände.Ich musste an Henry denken, nachdem ich die Fehlgeburt gehabt hatte.Als er nach dieser undichten Stelle in den Wasserrohren suchte, hatte er eine Klappe abgenommen und die Griffe an der Badewanne abmontiert, wodurch in der Wand drei Löcher zurückblieben.Eines Abends hatte ich in dem Raum, den wir eigentlich als Kinderzimmer vorgesehen hatten, das Licht brennen lassen.Deshalb war es durch die Löcher in der gekachelten Wand zu sehen, als ich ins Bad kam.Ich stieg in voller Montur in die Badewanne, setzte mich hinein und sah durch die Löcher ins Kinderzimmer.So hätte mein Leben aussehen können.Von dort aus erschien es mir perfekt und unerreichbar – wie das Leben einer Fremden.Hinten an der Wand stand Abbots altes Kinderbettchen mit neuen, farbenfrohen Bettbezügen.Ich hatte einen flauschigen weißen Wollteppich gekauft.Jetzt wusste ich, was ich gesagt hätte, wenn Henry bei mir gewesen wäre.Ich hätte Charlotte versichert, dass Henry und ich ihr beim Aufziehen des Babys helfen würden, dass sie zu uns ziehen könne.Sie könnte weiter zur Schule gehen, und Henry und ich würden uns um das Baby kümmern.Wir würden eine Art neue Familie gründen.Wir würden das schon hinkriegen.Aber dieses Angebot konnte ich ihr nicht machen.Was für eine Mutter würde ich für ein Kleinkind und eine Sechzehnjährige abgeben? Und dann war da noch Abbot.Ich kam ja schon so kaum zurecht.Stattdessen brachte ich etwas sehr Vernünftiges vor.»Du musst es deinen Eltern sagen.«»Schau mal«, sagte Charlotte.»Ich brauche einfach Zeit.Meine Mutter ist in gewisser Weise übergeschnappt.Sie ist psychisch nicht stabil.Sie glaubt an Edelsteine, und sie kann hysterisch werden wie Alanis Morissette auf einem Acid-Trip.Das ist nicht schön.Mein Dad ist zwar toll, aber er und Elysius sind nicht kinderlieb.Ich meine, als abstraktes Konzept mögen sie Kinder.Und natürlich lieben sie Abbot, aber sie sind von Natur aus nicht als Eltern geschaffen.Im Ernst, es tat fast weh, ihre Erziehungsversuche bei mir – wie Menschen, die mit der linken Hand in hochhackigen Schuhen Racquetball spielen.Sie haben einfach kein Gefühl dafür.«»Aber du schaffst das nicht ohne sie.« Ich fragte mich, ob sie wirklich ausflippen würden.Schwer zu sagen.»Ich denke schon«, widersprach sie.»Du weißt nicht, wie schwierig das wird.Du kannst noch nicht ermessen, was du dafür opfern musst.Es war schon für mich hart genug, obwohl ich Henry an meiner Seite hatte und wir bereit dafür waren.Du kannst dir einfach nicht vorstellen, wie schwierig es für dich und Adam sein wird.«»Ich will nicht darüber reden.« Sie ließ sich aufs Bett plumpsen.»Genau deshalb hab ich es keinem erzählt.«»Tut mir leid«, sagte ich.Ich wollte sie nicht drängen.»Wir müssen nicht sofort eine Antwort finden.«Ich stand auf und lief ans Fenster.Julien und Abbot saßen auf der Treppe hinter dem Haus der Dumonteils, vor ihnen der Karton.Vielleicht fütterten sie den Vogel oder halfen ihm dabei, sich ein Nest für die Nacht zu bauen, oder sie überlegten, wo sie den Karton hinstellen konnten, damit keine Wildkatze an ihn herankam.Und während ich auf Abbot hinabblickte, verspürte ich ein Gefühl, das ich nicht leugnen konnte.Charlotte war schwanger, und in mir regte sich Freude.»Ein Baby«, flüsterte ich.»Ich weiß«, sagte Charlotte trocken.»Das ist ja das Ungeheure daran.Ich kriege ein Baby.«»Hast du deswegen in Notre-Dame und Saint Maximin gebetet?«Sie zuckte mit den Achseln.»Vom Beten hab ich keine Ahnung.Meine Eltern sind alle drei Agnostiker«, erklärte sie.»Ich knie mich einfach hin und sage immer wieder dasselbe.«»Und was?«»Ich tue so, als gehörte ich zu den Flying Wallendas.«»Den Zirkusartisten?«»Ich weiß nicht, warum, außer dass ich als Kind mal was über sie gelesen habe, das mich beeindruckt hat.Sie haben auf dem Drahtseil Pyramiden gebildet.«»Und wofür betest du, wenn du so tust, als seist du ein Flying Wallenda?«»Ich bin ein Flying Wallenda und bete bloß, dass mich das Netz im Notfall auffängt«, sagte sie.An jenem Abend aßen wir alle gemeinsam und teilten uns das Esszimmer mit einer englischen Familie mit zwei Kindern, die unbedingt Bratkartoffeln wollten, und drei älteren Australierinnen, die Véronique wegen der Frage in die Enge trieben, wo es am Mittelmeer die besten Strände gebe.Julien war auch da [ Pobierz całość w formacie PDF ]
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