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.Und da ist Miss Winters, sie sitzt mir am Tisch geduldig gegenüber und wartet ab, wie viel ich erzählen mag.»Sie ist ausgerastet«, erzähle ich Miss Winters achselzuckend und mit ruhiger Stimme, die besagt: Amy und Paul haben Ihnen das doch bestimmt schon erzählt.Müssen wir das wirklich noch einmal durchkauen? »Vielleicht waren es die Medikamente oder so, jedenfalls ist sie total ausgerastet.Sie ist mit mir zu diesem Bürokomplex gefahren.Zum Jugendamt, nehme ich an.Es ist ein Wunder, dass sie dorthin gelangt ist, ohne dass wir verunglückt sind.Die Leute wussten schon nach einem Blick auf sie, dass sie vollkommen durchgedreht war, und das war’s.«Ich kann mich an die Blicke der Angestellten bei unserem Eintreten erinnern.Ich ging voran, und Fiona folgte, als wäre ihr meine Nähe so unerträglich, dass sie mich nicht einmal anfassen mochte, um mich in das Gebäude zu ziehen, als wollte sie so rasch wie möglich ohne mich verschwinden.»Geh!«, keuchte Fiona.»Geh.Weitergehen.Ich sagte: ›Geh weiter.‹«Ich erschauere, als ich ihren Atem auf meinem Haar spüre.Ich bin in der Küche von Amy und Paul, sage ich zu mir selbst und richte meinen Blick auf das Familienfoto, das Amy auf die Kühlschranktür geklebt hat.Ich bin vierzehn.Und Fiona ist tot.Die Erinnerung verblasst.Wird wieder zu einer Kurzgeschichte über die Vergangenheit.»Na los! Weitergehen!«, keuchte Fiona.Keuchte, wiederhole ich im Stillen und klammere mich an diese Zeitform – es ist die Vergangenheit.Wir liefen vermutlich durch einen Empfangsbereich, und ich nehme an, dass Fiona sich nach dem Weg erkundigte; genau weiß ich das nicht mehr.Ich habe allerdings noch die Frau vor Augen, die neben der Tür des Großraumbüros stand – sie betrachtete voller Entsetzen Fionas fast irrsinnig funkelnde Augen.Und da wird das Damals im Handumdrehen zum Heute, rauscht wie ein Sturzbach in die Gegenwart.Die Wände in der Küche bewegen sich aufeinander zu.Der Tisch wird zusammengedrückt, immer weiter zusammengedrückt.Es ist, als würde ich die Augen immer weiter schließen, bis die Welt sich so verdichtet hat, dass man nur noch das sieht, was man direkt vor sich hat.Rechts von mir, wo eigentlich der Herd sein müsste, steht ein Tisch, und genauso links von mir, wo die Geschirrspülmaschine sein müsste.Und alles ist wie verwischt und verschwommen, zeichnet sich so schwach vor dem Hintergrund der hellen Küche ab, dass es sich vielleicht nur um einen Lichteffekt handelt.Ich muss mich einfach nur umdrehen und den links von mir stehenden Tisch betrachten – direkt anschauen –, und dann wird alles verschwinden, sage ich zu mir.Doch ich drehe mich nicht um, weil ich ahne, dass auf dem linken Tisch ein gerahmtes Foto, auf dem rechten Tisch eine Topfpflanze steht.Einfach umdrehen, dann verschwindet alles …Und wenn nicht?, kommt das Echo zurück, denn ich kann den links von mir stehenden Tisch spüren.Ich spüre ihn.Und dann steht Fiona da.Dort, wo eigentlich die Hintertür sein müsste.Fiona trug die Hälfte ihrer Kleider verkehrt herum, ihre Haare, fettig und wirr, standen entweder ab oder waren platt gedrückt.»Ich muss sie weggeben«, keuchte Fiona, und ihr Blick zuckte über die Leute, die sich neugierig von ihren Schreibtischen erhoben hatten.»Ich kann nicht … kann nicht … ich darf nicht … Sie haben gesagt, ich kann nicht … Haben gesagt, ich darf nicht …«Ich schaute reglos zu.Schließlich sank eine Frau neben mir auf ein Knie.»Magst du mitkommen, meine Kleine?«, fragte sie freundlich.»Wir holen dir etwas Leckeres zu trinken.Meine Kollegen werden währenddessen versuchen, deine Mutter zu beruhigen.«Und dann ist es einfach vorbei, weg.Das Büro, die Schreibtische, Fiona – alles ist verschwunden.Nur ich bin noch da, in Amys Küche, mit Miss Winters und der Erinnerung daran, wie Fionas Stimme immer schriller und schriller wurde, so schrill, dass sogar ich nicht mehr verstehen konnte, was sie kreischte.Ich bin mir nicht sicher, ob es überhaupt noch Wörter waren.»Sie stand mitten im Büro und begann zu kreischen«, erzähle ich Miss Winters.»Sie kreischte unaufhörlich.Ich denke also, dass sie gar nicht bewusst beschlossen hatte, mich wegzugeben.Ich glaube, sie war zu dem Zeitpunkt gar nicht mehr fähig, eine Entscheidung zu treffen.«Das ist nicht gelogen.Ich bin sicher, Fionas Eltern trafen die Entscheidung.Und sie beschlossen auch, dass ich in meinem Zimmer eingesperrt bleiben sollte, bis alle Male verschwunden waren, denn so würde niemand ahnen, was passiert war.Das weiß ich hundertprozentig, obwohl ich in meinem Zimmer nicht hören konnte, wie diese Entschlüsse gefasst wurden.Ich musste gar nicht dabei sein, um zu wissen, wer dabei den Ton angegeben hatte.Denn Fiona hatte damals schon lange keine einzige Entscheidung mehr getroffen …Kann sein, dass der Krebs und die Medikamente ihren Teil dazu beitrugen, aber ich schätze, dass sie in dem Moment verrückt wurde, als sie das Blut aufwischen musste.Immer, wenn sie mir etwas zu essen in das Zimmer brachte, in dem ich eingesperrt war, war sie hysterisch.Ich frage mich nur, wie sie von ihren Eltern dazu gebracht werden konnte, mich abzugeben, beim Jugendamt oder bei welcher Behörde auch immer.Aber vielleicht hatten ihre Eltern zu dem Zeitpunkt genauso viel Angst vor mir wie Fiona – so viel Angst, dass sie nach einem Ausweg suchten.Sie wussten genau, dass man mich ganz sicher nicht wieder nach Hause schicken würde, nachdem man Fiona in dieser Verfassung erlebt hatte.»Fiona wurde sofort ins Krankenhaus gebracht«, erzähle ich Miss Winters.»Ich weiß nicht mehr, wer mir das gesagt hat, aber ich weiß, dass es so war.War ja unübersehbar, dass sie total neben sich stand.«»Aber es muss doch irgendeinen Auslöser gegeben haben? Hatte sie sich mit ihren Eltern gestritten? Vielleicht gab es einen Streit … wegen der Diagnose oder darüber, wie mit dir zu verfahren sei.«Ich schüttele den Kopf.»Vielleicht wusste deine Mutter, dass sie dich nicht bei ihnen lassen konnte, während sie im Krankenhaus lag.Vielleicht wollte sie für den Fall ihres Todes vorsorgen.Für deine … für Fionas Eltern wäre es schließlich viel … einfacher ohne Fiona gewesen.Sie hätten dich dann für sich allein gehabt.«»Fiona hat mich nie vor ihnen beschützt.Sie hat sich kein einziges Mal gewehrt.«Miss Winters verzieht die Lippen, betrübt, aber nicht mitleidig.»Warum hätten ihre Eltern dann zulassen sollen, dass sie dich wegbringt, Evie?«Ich muss an die cremefarbenen Brokatvorhänge in meinem alten Zimmer denken, an die grellroten Blutspritzer auf den Falten des schweren Gewebes.Ich muss an das warme, auf dem kühlen Glas hinabrinnende Blut denken, dem Glas auf meinem Nachttisch, aus dem ich nachts immer trank.Und ich spüre wieder, wie das Blut in meinen Handflächen zusammenläuft.»Weißt du wirklich nicht mehr, wie es dazu kam, Evie? Hat sie dich eines Tages einfach so, ohne Absprache mit ihren Eltern, ins Auto gesetzt?«Ich zucke mit den Schultern.»Fionas Eltern haben nicht versucht, dich zurückzuholen.Warum nicht?«, hakt Miss Winters nach.»Es wäre ihnen ein Leichtes gewesen, denn es gab ja noch keine Adoptiveltern, und niemand dachte an Missbrauch [ Pobierz całość w formacie PDF ]
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