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.Das Schild Zu verkaufen befand sich noch auf dem Grundstück, windschief und ungelenk in die Erde gesteckt wie ein provisorisches Grabkreuz.Auf ihr Klopfen hin – eine Klingel gab es nicht, und das Häuschen war auch so klein, daß eine Klingel so unpassend gewesen wäre wie ein Schornstein auf einer Hundehütte – öffnete eine junge Frau die Tür einen Spalt weit und starrte die Kommissarin abweisend an.»Wir haben das Schild draußen gesehen und würden uns das Haus gerne einmal ansehen, wenn es möglich ist?«»Nein, das ist nicht möglich«, sagte die Frau.Sie mochte Anfang Zwanzig sein und trug bequeme, abgenutzte Kleidung, Jogginghose, Sweatshirt und grobe Holzschuhe.»Sind, Sie denn die Besitzerin?« fragte Tomkin und trat von einer Besichtigung der Dachrinnen, die so niedrig waren, daß er das Kinn hätte aufstützen können, näher an die Tür.»Nein.Die Besitzer wohnen in Marne.«»Könnten Sie uns vielleicht ihre Adresse geben? Marne ist doch der nächste Ort Richtung Hamburg?«War das Mädchen zusammengezuckt, als Marie Hamburg erwähnte? Was hatte sie irritiert?Marie stellte jetzt den Kaffeebecher laut auf dem Küchentisch ab.Sie hatte vom ersten Augenblick an gewußt, daß diese Frau Anne Clavinus war.Als stünde ihr der Name auf der Stirn geschrieben.Nur die Unglaublichkeit eines solchen Zufalls hatte sie diese Überzeugung verdrängen lassen.Aber jetzt konnte sie der Tatsache nicht mehr aus dem Weg gehen.Auf dem Küchenschrank vor ihr lag ihre Reiselektüre.»Janosch Zanucci.Eine Musikerbiographie aus den Anfängen dieses Jahrhunderts«.»Hast du den Schinken immer noch nicht durch?« hatte Tomkin sie gestern abend gefragt, als sie sich mit dem Buch zu ihm in die Küche setzte, wo er dabei war, Spaghetti alla carbonara zu fabrizieren.»Du liest doch schon seit Wochen darin.«Richtig.Sie hatte eben zeitweise noch anderes zu tun, als Bücher zu lesen.Und so spannend und interessant das Leben des berühmten Oboisten auch beschrieben war, war sie doch in den letzten Wochen nicht dazu gekommen, es weiter zu verfolgen.Janosch Zanucci hatte von seiner Tante in Budapest eine Okarina geschenkt bekommen.So entdeckte die Familie sein Bläsertalent.Und Anne Clavinus hatte in ihrem Zimmer bei ihrer Mutter in Hamburg eine Oboe im Regal stehen, auf der sie, wie Margot Clavinus gesagt hatte, recht hübsch zu spielen verstand.Das Mädchen in der weißen Kate in Friedrichskoog hatte eine Okarina an einer Lederschnur um den Hals getragen.Ein kleines, mit mehreren Löchern versehenes Tonkörperchen.Marie hatte es gesehen und doch nicht gesehen.Sie hatte es registriert und gleichzeitig in irgendeiner Gehirnschublade verschwinden lassen, statt sofort zu schalten.Sie hatte Anne Clavinus gefunden, und da es bereits zwei zu Unrecht Verhaftete gab, galt es jetzt, keine Zeit zu verlieren.Marie tappte leise ins Schlafzimmer und suchte im Dunkeln ihre Kleidung zusammen.Ungeduldig schlüpfte sie in Pullover und Jeans und in die immer noch feuchten Strümpfe und Schuhe.Um trockene Socken zu suchen, war jetzt keine Zeit.Sie suchte den Wagenschlüssel aus ihrer Handtasche und zögerte einen Augenblick lang, die Dienstwaffe mitzunehmen.Dann steckte sie sie in die Tasche ihres Parkas, nachdem sie sorgfältig die Sicherung geprüft hatte.Die schmale Teerstraße hinter dem Deich lag verlassen da, und der Wagen brummte aufdringlich laut durch die sonntägliche Stille.Ein trüber, grauer Morgen war über den Deichen aufgezogen.Kein Ferientag, dachte Marie, nicht die Spur mehr von Urlaubsgefühl, nicht mal Wochenendstimmung.Sie hielt sich an die Geschwindigkeitsbeschränkung, obwohl kein Mensch und kein Tier auf der Straße waren und die Häuserreihen immer wieder von Feldern und Schafweiden unterbrochen wurden.Wenn der Wagen nur nicht solchen Lärm machen würde, wenn er nur Anne nicht warnte und vertrieb!Zwei Grundstücke vor dem alten, weißen Bauernhaus parkte sie den Wagen am Straßenrand und ging die letzten Meter zu Fuß.Ein Schwarm Möwen flog kreischend Richtung Hafen davon.Auf der Hauptstraße, die die Deichstraße ein paar hundert Meter weiter kreuzte, schlich ein erstes Auto dahin.Es war kurz nach sieben Uhr.Auf ihr Klopfen hin wurde die Tür nicht geöffnet.Marie Maas schlich um das Haus und spähte durch die niedrigen Fenster.Überall lagen Kleidungsstücke und Papiere verstreut.In der Küche stand, wie beim ersten Mal, als sie das Haus inspiziert hatte, Geschirr auf dem Abtropfbrett.Diesmal aber schien es schmutzig zu sein.Vor dem zweiten Fenster zur Straße hin war ein Rollo heruntergezogen.Haustür, Küchentür und Scheunentor an der Rückseite des Hauses waren verschlossen.Sie klopfte noch einmal laut und kräftig.Als sich nichts rührte, ging sie zurück zu ihrem Wagen und kam mit einem flachen Stemmeisen zurück.Den Dienstweg hatte sie hiermit verlassen.Aber sie dachte nicht im Traum daran, die örtliche Polizeiwache, die in einem Einfamilienhaus neben den Hafengebäuden untergebracht war, aufzusuchen und um Amtshilfe zu bitten.Sie überlegte nicht einmal, daß sie nun einen Hausdurchsuchungsbefehl beantragen müßte und einen Haftbefehl.Es war ihr völlig gleichgültig.Sie hatte nur Tomkins Worte im Ohr.»Diese Kinder werden lebenslänglich die Liebe suchen.Sie werden sie erzwingen wollen, wenn sie sie freiwillig nicht bekommen.Sie werden sich rächen, wenn sie ihnen verweigert wird.So sehr schmerzen die Verletzungen der Kindheit, die verdrängt und das heißt wohlbehalten konserviert und unantastbar in ihrem Innern schlummern.Sie sind unberechenbar.Diese Kinder sind für sich selbst unberechenbar.Und sie leiden unerträglich.«Anne Clavinus hatte sich in Hannes Reitmeier verliebt und war abgewiesen worden.Sie hatte die Liebe ihrer Mutter gesucht und war dabei mit einem Menschen konfrontiert gewesen, der an sich selbst litt.Sie hatte sich in die Liebe eines imaginären Vaters verrannt, um dann festzustellen, daß dieser Vater ein hochkarätiger Waffenhändler und skrupelloser Geschäftsmann war, dessen Liebe zu erringen sie heute mit ihren Überzeugungen nicht mehr vereinbaren konnte [ Pobierz całość w formacie PDF ]
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