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.«»Mister Thorn war bereits in Shaftesbury.Der Bote hat hier Station gemacht.«Warum wusste Julian nicht, dass Thorn sich hier aufhielt? Üblicherweise informierten sie sich immer über ihre jeweiligen Aufenthaltsorte, denn das erleichterte den Austausch zwischen den Agenten erheblich.Julian zuckte mit den Schultern.Thorn hielt sich selten an Absprachen, und wahrscheinlich war er in irgendeiner seiner dubiosen Missionen unterwegs.»Thorn hat dich also auf die Suche nach dem Südländer geschickt?«»Ja.«Das war typisch, dachte Julian.Thorn war zu bequem gewesen, selbst dem Hinweis nachzugehen.Erst als sich die Hinweise verdichteten und er möglicherweise mit der Ergreifung des Kuriers Punkte sammeln konnte, hatte er sich für Julians Meldung interessiert.Und sogar dann hatte er die Laufarbeit einen anderen machen lassen.»Ich muss mit Thorn sprechen.Wo ist er abgestiegen?«»Im Gästehaus der Abtei.«»Selbstverständlich.Wie hätte es anders sein können.«»Soll ich mitkommen, Sir?«»Natürlich.«Melchor Thorn hatte gerade ein üppiges Abendmahl zu sich genommen, als ihm die Besucher angekündigt wurden.Er winkte dem Diener, den Tisch abzuräumen, und winkte mit der gleichen herrischen Bewegung seine Besucher herein.»Ich hoffe, wir stören nicht?«Thorn überhörte Julians sarkastischen Tonfall und deutete, ohne aufzustehen, auf zwei gepolsterte Ledersessel.Der Wohnraum des Gästequartiers war komplett mit dunklem Holz getäfelt.Im Winter wurde der Raum durch einen breiten, gemauerten Kamin geheizt.Es war ein luxuriöses Gemach, dem sich noch ein Schlafraum anschloss.Julian war bekannt, dass Thorn gute Beziehungen zur Abtei in Shaftesbury unterhielt, allerdings wusste er nicht, welcher Art diese Beziehungen waren.»Also hat« – er schloss kurz die Augen, um sich an den Namen zu erinnern – »Emmitt dich über alles informiert?«»Ich wusste nicht, dass du hier bist.« Julian blickte Thorn direkt in die Augen.»Und?«»Es wäre für die Untersuchung von Vorteil gewesen.«»Eine Privatangelegenheit.«»Was sonst.«Wieder blickten sie sich feindselig an.»Also, was wollen wir unternehmen? Schlag doch etwas vor, White.Bist doch immer so eifrig.«Warum duldete der Kardinal einen solch unzuverlässigen, korrupten Mann unter seinen Agenten? Die Erklärung konnte nur sein, dass er jemanden für die wirklich schmutzige Drecksarbeit brauchte, jemanden, der bar jeden Gewissens war.Dafür war Melchor Thorn genau der Richtige.Und deshalb konnte er sich auch Sachen erlauben, die keiner seiner Kollegen je gewagt hätte.»Mir wurde gesagt, dass der Südländer heute hier ein Pferd gekauft hat.Möglicherweise ist er noch in der Stadt.«Thorn setzte sich auf.»Er ist hier?«»Ja.Wohl nicht so gut aufgepasst, wie?« Julian gönnte sich diese kleine Spitze.»Wieso hast du das nicht herausfinden können?«, fuhr Thorn Emmitt an, der sich schuldbewusst ein bisschen tiefer in seinen Sessel drückte.»Es hätte sich gelohnt, vielleicht schon früher die Augen offenzuhalten, Thorn.Dass ich den Südländer überprüfe, ist dir ja schon länger bekannt.«»Wo ist er jetzt?«»Das weiß ich nicht.«»Vielleicht ist er auch schon abgereist«, meinte Melchor Thorn.»Wenn, dann in Richtung Saint Albans.«»Ist jemand von uns dort in der Nähe?«Julian zuckte mit den Schultern und verkniff sich eine Bemerkung über Agenten, die ihren Aufenthaltsort nicht mitteilten.Thorn stand am Kamin und blickte ihn abwartend an.Irgendetwas irritierte Julian.»Also, ich würde vorschlagen, dass ihr die Suche nach dem Spanier übernehmt.Er war in Begleitung von einer weiteren Person.Ich glaube nicht, dass sie etwas damit zu tun hat, sondern sie diente eher als eine Art Tarnung.Als wir bei dem Überfall getrennt wurden, bin ich mit ihr weitergereist.Dann haben auch wir uns verloren.Ich würde gerne nachforschen, was aus ihr geworden ist, und nochmals ihre Verbindung zu Rinaldo überprüfen.«»Wer ist die andere Person?«»Eine Frau.«»Ah! Eine Frau!« Thorns Lippen kräuselten sich spöttisch.»Ist sie schön?«»Was tut das zur Sache?«»Schöne Frauen neigen dazu, ihr Glück bei anderen Männern zu suchen, White.«Julian fühlte, wie Wut in ihm hochstieg.Natürlich war dies eine Anspielung auf das Verschwinden von Aelia.Kurz nachdem bekannt geworden war, dass Julians Frau verschwunden war, hatte Thorn sich in ausführlichen Überlegungen ergangen, mit welchem Mann sie wohl durchgebrannt war.Als er dann noch grundsätzlich Aelias Moral infrage gestellt hatte, war es nur der Geistesgegenwart des Kardinals zu verdanken gewesen, dass Julian Melchor Thorn nicht im selben Augenblick sein Schwert in die Brust gerammt hatte.»Also, willst du den Südländer übernehmen oder nicht?«Thorn seufzte, obwohl es Julian völlig klar war, dass sein Kollege darauf brannte, den Kurier festzusetzen.»Na gut.«»Nimmst du Emmitt mit?«»Von mir aus.«»Vergiss nicht, der Mann könnte auch unschuldig sein.«Thorn verdrehte genervt die Augen, und Julian ging zur Tür.Emmitt stand auf.»Es wird bald dunkel.Ich werde die Südstadt übernehmen, sieh zu, dass du den Rest abklapperst«, sagte Thorn, ohne Emmitt eines weiteren Blickes zu würdigen.Julian und Emmitt gingen durch den großen Hof der Abtei.»Sir?«»Was?«»Was meinten Sie mit Ihrer letzten Bemerkung?«»Melchor Thorn bedient sich Methoden der Wahrheitsfindung, die nicht immer angemessen sind.«Julian war schon früher mit Thorn aneinandergeraten.Sie waren etwa zur gleichen Zeit in den Dienst des Kardinals aufgenommen worden, und es hatte vom ersten Augenblick an eine tiefe Abneigung zwischen ihnen bestanden.Thorn kannte keine Moral, und ihm war jedes Mittel recht, sein Ziel zu erreichen.Ihre erste Auseinandersetzung hatten sie gleich bei ihrem ersten gemeinsamen Fall gehabt.Thorn hatte einen Verdächtigen festgenommen und wollte Informationen aus dem Gefangenen herauspressen.Julian wusste bereits, dass der Mann unschuldig war, aber Thorn hatte das nicht glauben wollen.Der Verdächtige war an den Folgen des Verhörs gestorben.Es hatte sich »nur« um einen Leibeigenen gehandelt, und sein Besitzer war entschädigt worden.Der Kardinal hatte Thorn zur Mäßigung aufgefordert, aber das war alles gewesen.Es war die erste große Enttäuschung, die Julian hinsichtlich seiner Beschäftigung erfahren hatte, aber nicht die letzte.Sie erreichten den »Gelben Hund«.»Werden Sie ein Quartier im Gästehaus der Abtei beziehen?« Julian schüttelte den Kopf.»Nein, Melchor Thorns Beziehungen haben ihm diese luxuriösen Gemächer ermöglicht.Glaube nur nicht, dass wir alle immer so gut untergebracht sind.«Emmitt nickte.»Das hatte ich mir schon gedacht.Wollen Sie dann meine Kammer mit mir teilen? Ich habe sie bereits bezahlt, und es ist schwierig, in dieser Stadt ein Bett zu finden.«Ihre abendlichen Erkundigungen ergaben, dass die Wachen an den Stadttoren keinen berittenen, dunklen Riesen bemerkt hatten und es wahrscheinlich war, dass Rinaldo sich noch in Shaftesbury aufhielt.Während seine beiden Kollegen am nächsten Morgen die Stadt durchkämmten, beschloss Julian, sich ein Pferd zu leihen und in das etwa zwanzig Meilen entfernt gelegene Salisbury zu reiten, in der Hoffnung, dort eine Nachricht von Simeon vorzufinden.Julian und sein Freund hatten es sich zur Gewohnheit gemacht, sich gegenseitig über alle wichtigen Interna der Geheimen Kanzlei zu informieren.Dafür hatten sie an den üblichen Reiserouten Orte ausgewählt, an denen der andere auf seinem Weg vorbeikommen musste.Dies war ein ähnliches Prinzip wie das der Kanzlei, aber es funktionierte erheblich besser, da die Nachricht nicht durch die allgegenwärtige Bürokratie aufgehalten wurde [ Pobierz całość w formacie PDF ]
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