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.Über den dunklen Augen standen zwei kräftige, geschwungene Augenbrauen.Die Nase war schmal und gerade.Um den Mund mit den ausdrucksvollen Lippen stand der Schatten eines Dreitagebartes.Das Konterfei hatte ein markantes Kinn und kleine Grübchen in den Wangen.Paul überlegte, ob er mit dem, was er da sah, zufrieden sein sollte.Da das Spiegelbild leicht verschwommen war und somit sowohl die ersten weißen Haare als auch eine Vielzahl weiterer Falten und Fältchen unterschlug, beschloss er, seinen Anblick wohlwollend aufzunehmen und guter Dinge in den weiteren Tag zu starten.Er zahlte und schwang sich auf sein buntes neues Vehikel.Bei Tageslicht betrachtet sah das Haus Am Sand 6 wesentlich freundlicher aus als noch in der Nacht zuvor.Zwar blieb es ein recht durchschnittliches Wohnhaus, aber die liebevoll bepflanzten Balkonkästen und das warme Zartrosa des Verputzes waren in der Dunkelheit nicht zu erkennen gewesen und stimmten Paul wohlgesonnen.Noch bevor er mit Henleins Aktentasche unter dem Arm die Haustür erreicht hatte, wurde er von einem älteren Herrn angesprochen: »Zu wem möchten Sie, bitte sehr?«Der Mann war nach Pauls Schätzung um die siebzig.Ein rüstiger Rentner, reichlich korpulent, mit aufmerksamen Augen.»Ich wollte nur etwas abgeben«, sagte Paul höflich.»Für wen?«, erkundigte sich der Alte, wobei er seine Neugierde mit einem Lächeln zu kaschieren versuchte.Paul beschloss, ihm offen zu antworten.Wer wusste schon, ob er nicht die ein oder andere neue Information gewinnen konnte: »Für die Frau Henlein.«Schlagartig verfinsterte sich die Miene seines Gegenübers.»Oh – eine schlimme Sache, das mit Herrn Henlein.« Der ältere Herr kratzte sich am Nacken und verzog das Gesicht.»Ein guter und anständiger Nachbar.Schon seit vielen Jahren.Immer anständig und sehr korrekt.– Aber vielleicht ein wenig zu sparsam, wenn Sie mich fragen.«Paul hatte nicht den Hauch einer Ahnung, auf was der Mann hinauswollte und sah ihn auffordernd an.»Ich möchte meinem Nachbarn nichts Schlechtes nachsagen«, fuhr der Mann fort.Dabei trat er näher an Paul heran und sprach leise weiter: »Meiner Meinung nach hat es Henlein mit dem Knausern übertrieben.All sein Geld steckte er in sein Hobby, den Kaspar Hauser.Für was anderes blieb nichts übrig.« Dann flüsterte er nur noch: »Er war ja nicht mehr der Jüngste, und in unserem Alter sollte man sich zum Reifenwechsel eine Werkstatt leisten, finden Sie nicht auch?«»Wollen Sie damit sagen, dass Herr Henlein seine Reifen selbst gewechselt hat?«, fragte Paul erstaunt.Der Mann nickte.»Ja, zweimal jährlich, im Frühjahr und im Herbst.Hier im Hof, vor den Garagen.Dieses Mal ist er besonders ins Schwitzen gekommen.Ich habe ihm dabei zugesehen, wie er die Schrauben nachgezogen hat.Mit seinem altmodischen Werkzeug war das jedes Mal ein umständlicher Akt.Das musste ja irgendwann schiefgehen.«»Sie glauben also, dass Herr Henlein seinen Unfall selbst verschuldet hat?«, fragte Paul.Sein Gesprächspartner schaute ihn zunächst zustimmend an, senkte dann aber schnell den Kopf.»Natürlich nicht.– Der arme Henlein.Es war ein dummer Zufall.Niemand kann das Schicksal aufhalten.« Damit zog sich der Mann zurück und ließ Paul alleine vor der Haustür stehen.Nachdenklich drückte Paul den Klingelknopf.Er musste sich eine Weile gedulden, dann surrte endlich der Türöffner.Im Hausflur roch es nach Waschpulver und Blumenkohl.Eine üble Mischung.Die Wohnung der Henleins lag Parterre am anderen Ende des Gangs.In der Wohnungstür empfing ihn eine Frau, deren Eindruck er erst einmal auf sich wirken lassen musste: Frau Henlein schien etliche Jahre jünger zu sein als ihr verstorbener Mann.Sie war klein, hatte dauergewelltes, helles Haar, und ihr pummeliger Körper steckte in einem weiten Morgenmantel.Sie trug rosafarbene Plüschschlappen.Paul bemerkte ihren Blick, der auf die Aktentasche unter seinem Arm fiel, dennoch fragte Frau Henlein erst einmal: »Wollen Sie zu mir?« Sie klang gleichzeitig schüchtern und entschieden.Mit gesenkter Stimme drückte Paul seine Anteilnahme aus.Er deutete auf die Aktentasche und bat, eintreten zu dürfen.Etwas Unstetes war in Frau Henleins Blick.Paul konnte immer nur für Momente in ihre Augen schauen.Sie bewegten sich schnell und ziellos, waren überall und nirgendwo.Die Witwe wirkte einerseits aufgelöst und nervös, andererseits aber durchaus gefasst.Womöglich wollte sie einem Fremden gegenüber ihre Trauer nicht allzu offen zeigen, mutmaßte Paul.Er wurde eingelassen, dann ging Frau Henlein mit schnellen Schritten voran.Die Henleins lebten in bescheidenen Verhältnissen.Für Paul erschloss sich der Aufbau der Wohnung innerhalb der ersten Sekunden.Zwei Zimmer, Küche, Bad.Mehr war ihnen nicht vergönnt gewesen, aber mehr hatten sie vielleicht auch gar nicht gewollt, dachte er.Obwohl die Wohnung sehr sauber und aufgeräumt war, machte sie auf Paul einen einengenden Eindruck.Sehr bald wusste er auch warum: Der Flur und auch das Wohnzimmer waren mit Bücherregalen und Schränken vollgestellt.Überall gab es Aktenordner, und auf jedem prangte – mit dickem Filzstift geschrieben – immer der gleiche Name: Kaspar Hauser!Paul folgte der Witwe zu einer Sitzecke im überheizten Wohnzimmer.Beigefarbenes Lederimitat.Das Polster ächzte, als Paul sich niederließ.»Die ganze Geschichte tut mir ausgesprochen leid«, fing Paul an.Frau Henlein knetete unruhig ihre Hände.Obwohl sie ihm gegenübersaß, hatte Paul den Eindruck, als wäre sie gedanklich schon wieder weit weg.Ihre Pupillen flackerten nervös.»Ich war dabei, als es passierte«, sagte Paul und sah sie einfühlsam an.Er streckte die Hand mit der Aktentasche aus.»Ihr Mann hatte diese Mappe bei sich, als er starb.«Plötzlich kamen die Augen der Frau zur Ruhe: Wie auf Kommando richteten sie sich erst auf die Tasche und dann lange auf Pauls Gesicht.»Wie kommen Sie darauf, dass ich an dieser Aktentasche interessiert bin?«, fragte sie beinahe beleidigt.Paul stutzte.»Ich dachte.ich meinte [ Pobierz całość w formacie PDF ]
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